Lange nichts mehr geschrieben... und das auch aus gutem Grund... denn die letzten zweieinhalb Monate waren durchaus eine ganz schöne Durststrecke ... .
Und ich erinnere mich noch gut, wie ich im Juni und Juli, wenn mich Freunde oder Kollegen auf meinen "Mut" bezüglich unseres Schrittes ansprachen, nur gelächelt habe und gar nicht so recht verstehen konnte, wovon sie da eigentlich sprechen. Aber heute weiß ich, dass es tatsächlich Momente geben kann, in denen man diesen Mut, der einem so gar nicht wirklich bewusst ist, verlieren kann... .
Doch das haben wir nicht, auch wenn es Zeiten gab, in denen wir uns vorkamen wie in einer Folge der Soap "Deutschland, deine Auswanderer", in der die reine Desillusion das vorherrschende Thema ist. Aber zurück zum Anfang.
25. Juli, mein Auto vollgepackt mit allem, von dem ich glaubte, es für die nächsten eineinhalb Monate zu brauchen, bis ich dann mein ganzes Hab und Gut in das fertige Haus bringen lassen kann.
Dass die Arbeit auf der Baustelle bereits seit einigen Tagen aus unerfindlichen Gründen stillstand und keiner so recht wusste, wann denn die Maurer ihren Teil der Arbeit zu Ende bringen würden, hatten mir Andrea und Elmar nicht erzählt. Auch sie hofften zu dieser Zeit lediglich auf eine kurze Unterbrechung.
Als ich nach drei Tagen ankam, war ich auch viel zu begeistert von den ersten Eindrücken. Der Ausblick aus unseren fensterlosen Fensteröffnungen und den leeren Türstöcken, die beeindruckende Höhe des Gemeinschaftsraums mit seinen Dachöffnungen, der dem ganzen fast schon etwas von einer Kathedrale gab. Was stört da ein bisschen Müll vor der Tür und vorübergehendes Schweigen auf der Baustelle.
Und auch mit Außendusche und Komposttoilette lässt es sich leben... zumindest im heißen August...
Doch die Unterbrechung zog sich und zog sich. Und bevor die Maurer ihr Werk nicht vollendet hatten, konnte auch kein anderes Gewerke seine Arbeit aufnehmen. Zuerst hieß es, sie hätten einen hohen Krankenstand, dann waren sie auf einer anderen Baustelle beschäftigt und schließlich im Urlaub, denn der August ist die Hauptreisezeit der Albaner. Da wird ständig irgendwo geheiratet oder überhaupt gefeiert, dass die gesamte Familie einige Tage aus dem Ausland zu Besuch kommt.
Unsere Hunde waren begeistert und kamen ständig glücklich knuspernd mit leckeren Knochen, Essensresten oder Teilen von toten Tieren an. Elmars liebevoll zubereiteten Mahlzeiten hingegen wurden verschmäht.
Wir jedoch wurden langsam ein bisschen nervös. Denn von Woche zu Woche sahen wir den September näher kommen - und damit auch die ersten Regenfälle.
Zum Glück gab es einiges an liebem Besuch und auch immer wieder die Möglichkeit, zumindest im Außenbereich irgendetwas zu arbeiten, um diesem hilflosen Gefühl von Stillstand wenigstens ein bisschen etwas entgegenzusetzen.
Es wurde also geschippt, gebaut, gehäckselt
Andrea und Elmar grundierten schon mal alle Wände die bereits fertig waren
Wir versuchten uns mit mal mehr und mal weniger Erfolg am Haltbarmachen unserer Gemüseflut...
legten neue Beete für den Herbst an...
machten Ausflüge mit Freunden und Hunden
und sorgten eifrig für Zuwachs auf unserer kleinen Farm... zuerst mit 6 Hühnern und einem Hahn, die sich mittlerweile auch gerne streicheln lassen
Und dann kam Lumi, ein etwa 4 - 5 Wochen altes ausgesetztes Kätzchen
Auch die Maurer kamen irgendwann wieder und dann die Fliesenleger - die unseren wunderschönen Cottoboden leider im Schneckentempo verlegten. Wir schauten mit nervösem Blick auf die Wettervorhersage und die spärlich wachsenden gefliesten Flächen...
Und dann kamen sie, die ersten Gewitter mit heftigen Regenfällen. Mittlerweile war ich mit dem Zelt oben ins Haus gezogen, die Zeltwände notdürftig mit Ziegelsteinen beschwert, aber dennoch flutterten sie mir Nacht für Nacht um die Ohren, wenn der Wind durch alle Öffnungen des Hauses tobte. Und als ich dann eines nachts von einem lauten Knall aufwachte und voller Entsetzen sah, dass die Plastikabdeckung der Dachfenster mit etwa 100 Litern Wasser heruntergekommen war, reichte es mir. Ich zog in das Guesthouse etwa 500m weiter und hatte nun wenigstens ein ruhiges, trockenes Zimmer, ein bequemes Bett. Und jeden Tag wartete morgens im Haus des Vermieters - eine krude Mischung aus Café, Dorfkneipe und Gemischtwarenladen - ein Frühstück mit einem großen Glas heißem Tee auf mich.
Begleitet wird mein Frühstück immer von einer lautstarken Diskussion über Politik, denn auch wenn ich momentan der einzige Gast im Guesthouse bin, erfreut sich Ismetis Bar regem morgendlichen Zulauf. Es treffen sich die alten Männer, aber auch die jungen auf dem Weg zur Arbeit auf einen Kaffee und einen Plausch. Man kommt zu Fuß, mit dem Moped, dem Auto, aber auch dem Traktor oder einem Esel.
Meistens klingeln mir dann nach einer halben Stunde die Ohren von den ohrenbetäubenden Streitgesprächen - nicht dass ich wirklich viel davon verstehen würde, denn diese albanische Sprache fällt mir wirklich verdammt schwer. Ich kann mich mittlerweile notdürftig verständlich machen - aber wehe jemand sagt etwas zu mir, dann stehe ich meist mit verständnislosem Blick und einem entschuldigenden "nuk kuptoj" - "ich verstehe nicht" - da.
Aber sie sind alle ausnehmend freundlich und begrüßen mich jeden Morgen mit einem freudigen "mengjesi".
Ismeti und Shpresoja kümmern sich rührend um mich, immer wieder gibt es Extrageschenke - wie ein großes Glas Honig, Gemüse und Obst aus dem Garten, einen großen Oreganobusch - und ständig fragen sie mich, ob wir irgendetwas brauchen. Das taten wir in der Tat, denn der kleinen Lumi ist oft soooo langweilig, wenn nicht gerade Bela mit ihr spielt.
Also fragte ich ihn, ob er nicht wüsste, ob jemand in der Gegend kleine Kätzchen hat.
Einige Tage passierte gar nichts, dann bekam ich plötzlich einen Anruf von Ismeti. Wir sollen kommen, möglichst schnell!
Andrea und ich stiegen also ins Auto, fuhren zum Guesthouse und luden Ismeti, der uns dann durch Sterbeg bis in eine kleine Gasse dirigierte. Dort stand eine alte, grimmig blickende Frau und während ich noch dachte, ich müsste hier jetzt irgendwo parken und dann gehen wir in ein Haus und schauen uns Kätzchen an, signalisierte er mir, ich solle das Fenster runterlassen.
Die Frau drückte uns zwei schmuddelige Säcke in die Hand. Lediglich die Form und die Wärme des Inhalts zeigte an, dass wir hier buchstäblich das Kätzchen im Sack bekommen hatten.
Wieder beim Guesthouse riskierten wir einen vorsichtigen Blick auf die zwei völlig verängstigten kleinen Wesen - die mit einem unglaublichen Tempo in die hinterste Ecke unter dem Bett flüchteten.
Jeder Versuch der Kontaktaufnahme wurde mit einem wütenden Fauchen quittiert, in der Nacht jämmerlich miaut, und gefressen nur, wenn ich nicht im Raum war.
Nach zwei Tagen hatten wir Sorge, dass es für eine Sozialisierung bei den beiden vielleicht doch schon zu spät war, denn offensichtlich hatten die beiden bislang noch keinen Kontakt zu Menschen - außer dem Moment, in denen sie plötzlich gepackt und in den Sack gesteckt wurden. Dann kamen wir auf die Idee, Lumi mit hochzubringen und sie vor ihren Augen zu streicheln. Und tatsächlich, Lumis Schnurren war so etwas wie ein erster Türöffner. Sie kamen zwar noch nicht wirklich heraus, aber ihre Neugierde auf uns war geweckt.
Die nächsten Tage brachten für Elmar und Andrea Besuch aus Österreich und für uns alle Unmengen von Regen... .
Und mir vor allem viel Zeit mit den Katzen.
Mittlerweile sind sie ziemlich zutraulich geworden, Keijsi (Aprikose), die kleine Rote, holt sich schon gerne ihre Streicheleinheiten ab und Thurpshi (Distel), die Bunte, lässt sich zwar noch nicht streicheln aber sucht meine Nähe.
Und bei mir im Bett wird sowieso geschlafen und getobt - ob ich da bin oder nicht ;)
So, und jetzt noch zu all den anderen richtig guten Nachrichten:
Wir haben endlich Fenster und Türen und Bäder, theoretische auch Strom und Lampen, aber noch keine Steckdosen und Lichtschalter. Die Cottofliesen müssen noch gereinigt und dann mit einem wasserabweisenden Schutz versehen werden, was wohl auch noch ein paar Tage braucht - aber laut aktueller Prognose ist es in ca. 2 Wochen bezugsfertig :))))
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